Keine Kriege ohne Waffen
01.07.2017: Kriege und Krisen sowie deren Auswirkungen sind zurzeit das bestimmende Thema sowohl in der Innen- als auch Außenpolitik - Bericht über die Podiumsdiskussion mit Dr. Ute Finckh-Krämer (MdB), Jan von Aken (MdB, Die Linke) und Christine Hoffmann, Generalsekretärin von Pax Christi
Keine Kriege ohne Waffen - gemeinsame Podiumsdiskussion der SPD Steglitz-Zehlendorf und der LINKEN Steglitz-Zehlendorf mit
- Dr. Ute Finckh-Krämer, MdB
- Jan van Aken, MdB
- Christine Hoffmann, Pax Christi
- Moderation: Franziska Drohsel
Zur Veranstaltung im Rathaus Zehlendorf waren gut 50 Interessierte erschienen. Als Ausgangspunkt wurde die Frage in den Raum gestellt, was Deutschland als reiches Land tun kann, um internationale Krisen zu verhindern. Jan van Aken erhielt zunächst das Wort. Er stellte Einigkeit darüber fest, dass Rüstungsexporte zu verurteilen seien. Dennoch kämen in vielen Konflikten der Welt auf beiden Seiten deutsche Waffen zum Einsatz.
Rüstungsexportrichtlinien seien ein guter Ansatz, um das zu verhindern, allerdings würden die gültigen Regelungen zu viele Schlupflöcher beinhalten. So könnten Rüstungsgüter "in Ausnahmefällen" an Drittstaaten exportiert werden. Diese Ausnahmen und die damit verbundenen Einzelfallregelungen seien jedoch zur Regel geworden. Er unterstütze Sigmar Gabriels Forderung, keine Kriegswaffenexporte mehr in Drittstaaten zu genehmigen, jedoch dürfe es dann auch keine Auslieferung an NATO-Staaten mehr geben. Unter diesen Kriegswaffen befänden sich insbesondere Kleinwaffen, die für die größte Anzahl an Todesopfern in bewaffneten Konflikten verantwortlich seien. Van Aken hob eine stärkere Transparenz durch die Rüstungsexportberichte hervor, kritisierte jedoch die fehlenden Antworten des Wirtschaftsministeriums auf Nachfragen.
Dr. Ute Finckh-Krämer sprach sich dafür aus, Rüstungsexporte möglichst ganz zu verbieten. Sie würde innerhalb der SPD dafür werben, damit Mehrheiten für diese Themen zustande kommen. In dieser Legislaturperiode habe sie Abgeordnete aus der Fraktion sensibilisiert, um Zweifel gegenüber Rüstungsexporten zu erhöhen und Diskussionen anzustoßen. Dabei hätte sie auch immer wieder das Argument gehört, dass Rüstungsexporte für die Wirtschaft relevant seien. Das könne sie nur verneinen, da Rüstungsgüter nur 1 % aller Exporte ausmachen.
Ute Finckh-Krämer zeigte sich froh darüber, dass die Transparenz der Rüstungsexporten erhöht wurde. Dadurch seien die Kontrollmöglichkeiten als auch der öffentliche Druck gestiegen. Entscheidungen des Bundessicherheitsrates müssten nun innerhalb von zwei Wochen an die entsprechenden Ausschüsse weitergeleitet werden.
Großteil der Bevölkerung ist gegen Rüstungsexporte
Ihrer Meinung nach müssten Rüstungsexporte nicht nur in den Ausschüssen, sondern im Plenum des Bundestags diskutiert werden, so dass auch eine größere öffentliche Aufmerksamkeit entstehe. 85 % der Bevölkerung seien laut Befragungen gegen Rüstungsexporte, diese gelte es zu mobilisieren.
v.l.n.r.: Franziska Drohsel, Christine Hoffmann, Jan van Aken und Ute Finckh-Krämer
Finckh-Krämer setze sich für ein absolutes Verbot des Exports von Kleinwaffen ein, inklusive eines Ausschlusses von Einzelfallausnahmen. Sogar auf Landesebene könne man zeigen, dass man etwas gegen Rüstungsexporte unternehmen kann: Die rot-rot-grüne Berliner Landesregierung habe für den Berliner Pensionsfonds bestimmt, keine Aktien von Unternehmen mehr zu erwerben, die Rüstungsgüter entwickeln, bauen oder liefern.
Christine Hoffmann leitete ihr Grundsatzstatement ein, indem sie hervorhob, dass Gabriels jetzige Forderungen denen der Zivilgesellschaft ähneln würden. Dies sähe sie auch als eine Anerkennung für ihre Arbeit und die der Zivilgesellschaft im Allgemeinen an. Nach ihrer Auffassung würde die Auslieferung von Waffen dem Grundgesetz widersprechen. Der Export von Rüstungsgütern sei der ein außenpolitischer Skandal.
Sie trete für eine weitere Verregelung ein, da man durch diese auch eine Klagemöglichkeit beispielsweise gegen Rüstungsunternehmen an der Hand hätte. Transparenz sei wichtig in einer Demokratie. Jedoch würde nun vielfach einfach über die Ausnahmen berichtet, aber nicht wirklich etwas gegen diese unternommen. Weniger Exporte seien also die Aufgabe. Um ein gutes Rüstungsexportgesetz zu verwirklichen, bräuchte man insbesondere gute Partner, wie bspw. die Abgeordnete Ute Finckh-Krämer.
Kleinwaffen für die meisten Toten verantwortlich
Nach dieser einleitenden Runde befasste sich das Podium mit der Frage nach Ansätzen für die zukünftige Vorgehensweise.
Podiumsteilnehmer im Rathaus Zehlendorf
Laut Finckh-Krämer bestehe ein Problem bei der Differenzierung zwischen der Genehmigung der Fertigung und der Ausfuhr. Für beide sei jeweils eine Genehmigung erforderlich. Ein neues Rüstungsexportgesetz sollte beinhalten, dass nur Länder, die den ATT (Vertrag über den Waffenhandel) unterzeichnet haben, Waffen bekommen. So würden durch ein nationales Gesetz auch internationale Abkommen gestärkt. Des Weiteren müssten sogenannte Hermes-Bürgschaften für Waffengeschäfte unterbunden werden. Manche Waffengeschäfte hätten ein ökonomisches Abnahmerisiko, dieses sollte jedoch auf keinen Fall von den Rüstungsunternehmen auf die Bundesrepublik abgewälzt werden. Auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Rüstungsunternehmen sollte in den Fokus gerückt werden. "Was könnten Beschäftigte sinnvolleres tun als Waffen zu produzieren? Welche Unternehmen könnten sie übernehmen?" Auch die IG Metall sollte dabei mit ins Boot genommen werden.
Van Aken wies auf eine Regelung in den USA hin, welche bei besonders wichtigen Entscheidungen eine vorherige Information der beiden Kammern erfordere. Genauso wie Finckh-Krämer hob er hervor, dass Kleinwaffen ökonomisch irrelevant seien, jedoch zu 95 % Ursache für Todesfälle in bewaffneten Konflikten seit dem zweiten Weltkrieg seien. Deshalb fordere er ein komplettes Verbot von Kleinwaffen und -munitionsexporten. Auch auf das Problem des Lizenz- und Fabrikverkaufs sowie die Problematik der Rückholung von Waffen wies er hin.
Nach diesem Austausch beteiligte sich das Publikum mit Fragen und Anmerkungen. Eine weitere Meinung aus dem Publikum war die, dass Unternehmen, die Minen produzieren, auch dafür bezahlen sollten, dass diese wieder eingesammelt werden. Gefragt wurde außerdem, ob die Bundesrepublik nicht nur Rüstungsgüter exportiere, sondern auch Rüstungskomponenten importiere. Van Aken bestätigte dies.
Die Diskussion zeigte, dass es weiterhin eine breite gesellschaftliche Unterstützung für die Reduzierung der Rüstungsexporte gibt. Das ist die Zustimmung die gebraucht wird, um auch in der nächsten Legislaturperiode eine weitere Reduktion zu erzielen und die Thematik fester in der Zivilgesellschaft zu verankern.
Text: Stefanie Nebel
Fotos: Jana Kellermann