"Soziale Gerechtigkeit funktioniert nur über Steuergerechtigkeit"
04.05.2016: Diskussion über sozialdemokratische Finanzpolitik im Rathaus Steglitz
Podium: Cansel Kiziltepe MdB, Dr. Ute Finckh-Krämer MdB und Dr. Matthias Kollatz-Ahnen, Finanzsenator
"Was kann sozialdemokratische Finanzpolitik leisten?", hatte Dr. Ute Finckh-Krämer in ihrer Einladung zur "Fraktion vor Ort"-Veranstaltung gefragt. Knapp 70 Gäste kamen am Dienstagabend in den alten BVV-Saal des Rathauses Steglitz, um mit ihrer Bundestagsabgeordneten und Cansel Kiziltepe, ebenfalls MdB und Mitglied im Finanzausschuss sowie dem Finanzsenator von Berlin, Dr. Matthias Kollatz-Ahnen, Antworten auf diese Frage zu finden und zu diskutieren.
Cansel Kiziltepe stellte zunächst die aktuellen Vorhaben der SPD-Fraktion vor, verwies aber auch auf die Schwierigkeiten, eigene Vorstellungen von einer gerechten Finanzpolitik in der Koalition mit der CDU/CSU durchzusetzen. Sie nannte als Beispiel das geplante Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus. Nach einer öffentlichen Anhörung zu diesem Thema Ende April gebe es nun zunächst Beratungsbedarf. Auch im Hinblick auf die Erbschaftssteuer sei die Fraktion uneins mit dem Koalitionspartner. Änderungen sind hier dringend notwendig, seit das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2014 die geltenden Regeln angemahnt hat. Das Gericht hatte insbesondere die Verschonungsregeln für Betriebsvermögen als zu weitgehend betrachtet.
Publikum im Alten BVV-Saal des Rathauses Steglitz
"Breite Schultern sollen auch mehr tragen", erklärte die Finanzpolitikerin. "Es geht nicht um Omas Häuschen, sondern um die Besteuerung von sehr großen Vermögen." Der Staat benötige diese Einnahmen, um die Daseinsfürsorge auch in Zukunft zu gewährleisten. Die Volkswirtschaftlerin betonte, dass der Wohlstand einer Gesellschaft geringer werde, je größer die Ungleichheit sei.
Wir brauchen mehr Steuerehrlichkeit
Dieses Stichwort griff Matthias Kollatz-Ahnen auf. Die sogenannten "Panama-Papers" zeigten, wie verbreitet Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption seien. Die "Ehrlichmachung" und die Einsicht in die Notwendigkeit von Steuern zur Finanzierung des öffentlichen Gemeinwesens seien deshalb ein wichtiges Thema für ihn. Kollatz-Ahnen redete jedoch "nicht für eine Erhöhung des Steueraufkommens, sondern für eine andere Verteilung".
Der Berliner Finanzsenator skizzierte außerdem den gemeinsamen Reformvorschlag der Bundesländer zum Länderfinanzausgleich. Sowohl der Solidarpakt II als auch die Regelungen des Länderfinanzausgleichs laufen im Jahr 2019 aus. Für Berlin heißt das, mit zwei Milliarden Euro weniger als bisher auszukommen. Wenn sich der Vorschlag der Länder zur Neuregelung durchsetzt, erhielte das Land immerhin 435 Millionen dazu.
Am Schluss wurde noch die Finanztransaktionssteuer angesprochen, deren Einführung die SPD im Wahlkampf 2013 vehement gefordert hatte. Matthias Kollatz-Ahnen erläuterte die Finanzprodukte, die derzeit außerhalb der Börsen gehandelt werden, aber an die Börsen müssen, damit die Finanztransaktionssteuer praktikabel wird.
Das Publikum stellte in mehreren Runden fachkundige Fragen, beispielsweise zum Spitzensteuersatz oder zur Wohnungsbauförderung bzw. regte an, die Umsatzsteuer zu senken oder aber Wohnungen zurückzukaufen.
Einen Beitrag zur gerechten Finanzpolitik finden Sie auch unter www.aufbruch-spd.eu |