"Herz, Verstand und Gespür für die Menschen"

10.02.2017: Ute Finckh-Krämer informiert sich über die ersten Kältehilfe-Unterkünfte in Steglitz-Zehlendorf


Ute Finckh-Krämer in der Notübernachtung für Frauen "Maria und Martha"

Mitten in der aktuellen Kältesaison haben erstmals zwei Notübernachtungen in Steglitz-Zehlendorf eröffnet. Beide Einrichtungen werden von der gemeinnützigen milaa GmbH betreut, einer 100%-igen Tochter des Evangelischen Diakonievereins Zehlendorf e.V. Während die Unterkunft "Luis und Luise" seit dem 16. Januar Männern und Frauen offensteht, richtet sich das Angebot "Maria und Martha" seit 2. Januar ausschließlich an Frauen. Dort hat sich Ute Finckh-Krämer am 8. Februar mit der Projektleiterin und Ehrenamtskoordinatorin Ann Jeanette Rupp getroffen, die Räume angesehen und sich über erste Erkenntnisse informiert.

Im Unterschied zur Wohnungslosigkeit bei Männern handelt es sich bei Frauen um ein "unsichtbares" Problem. "Frauen ohne Obdach tauchen im Stadtbild nicht auf." Das weiß Ute Finckh-Krämer aus einer Veranstaltung der Überparteilichen Fraueninitiative (ÜPFI), die sich in den vergangenen Jahren mit dem Thema befasst hat. Ann Jeanette Rupp bestätigt, dass viele obdachlose Frauen ihre Situation als persönliches Versagen empfinden und sehr darauf bedacht sind, den Schein zu wahren. "Sie geben sich Mühe, unauffällig zu bleiben und ihre Notlage zu verbergen", sagt die Projektleiterin.

Hohe Auslastung

Nach Schätzungen der Wohlfahrtsverbände leben 3.000 bis 6.000 Obdachlose in der Stadt, die Berliner Stadtmission spricht sogar von 10.000 Menschen ohne festen Wohnsitz. Etwa 20 Prozent von ihnen sind Frauen. Eine offizielle Statistik gibt es bisher nicht. Die Berliner Kältehilfe, ein Zusammenschluss der Senatsverwaltung, der Kirchengemeinden, verschiedener Vereine und Initiativen, bietet seit 1989 während der kalten Monate unbürokratische Übernachtungsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung, Verpflegung und Beratungsleistungen an. In den Nächten des Monats Januar 2017 waren die 39 Notübernachtungen und Nachtcafés der Stadt zu 93 Prozent ausgelastet. Nachgefragt sind vor allem die innerstädtischen Einrichtungen. Angebote in den Außenbezirken werden seltener und von weniger Menschen in Anspruch genommen. "Dies kann zum einen daran liegen, dass unsere beiden Unterkünfte neu und damit noch recht unbekannt sind, zum anderen müssen aufgrund der Entfernung kostenpflichtige öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden", erklärt Ann Jeanette Rupp. "Andererseits können wir hier ab morgens um 8 Uhr, wenn die Notübernachtung schließt, kaum ergänzende Aufenthaltsmöglichkeiten oder kurze Wege zu anderen Beratungsstellen anbieten." In Mitte oder Kreuzberg gibt es mehr Angebote für Obdachlose, dazu stehen Shoppingcenter oder größere Bahnhöfe offen.

Wer jedoch in eine der beiden Zehlendorfer Einrichtungen kommt, der kommt bewusst dorthin. "Wir haben bislang keine Probleme im Zusammenhang mit Alkohol, Drogen oder Gewalt gehabt", berichtet Ann Jeanette Rupp. Die meisten Notunterkünfte verwehren Personen den Zutritt, die alkoholisiert sind oder unter Drogeneinfluss stehen. Diese Regeln gewähren den Schutz aller Hilfesuchenden: In den wenigen Stunden der Nothilfe finden sie Ruhe, Wärme, gesunde Mahlzeiten, saubere Wäsche, Hygieneartikel - und bei Bedarf ein offenes Ohr und Unterstützung. Während im Haus "Luis und Luise" abends gern auch mal Skat gespielt wird, ziehen sich die Frauen im Haus "Maria und Martha" eher zurück. Die Kältehilfe ist ein niederschwelliges Angebot, die Frauen nutzen die Einrichtungen als Schutz- und Ruheraum.

Große Hilfsbereitschaft

Aber natürlich beraten die Mitarbeiterinnen auch, wenn Beratung gewünscht wird. Sie vermitteln Termine beim sozialpsychiatrischen Dienst, wissen, wer beim Berliner Arbeitslosenzentrum (BALZ) Ansprechpartner ist und helfen, wenn jemand den ganz großen Schritt aus der Wohnungslosigkeit heraus wagen möchte. Für die Arbeit brauchen sie "Herz, Verstand und ein Gespür für die Menschen", sagt Ann Jeanette Rupp. Flankiert werde das Projekt von der überwältigenden Hilfs- und Spendenbereitschaft im Kiez und der Einbindung der Arbeit in die Gemeinde.

Ob es jedoch auch in der nächsten Kältesaison Angebote in Steglitz-Zehlendorf geben wird, ist ungewiss. "Wir werden unsere Erfahrungen nach dem 31. März gründlich auswerten", kündigt Ann Jeanette Rupp an. Ute Finckh-Krämer bedankt sich jetzt schon für diese wichtige Arbeit der Haupt- und Ehrenamtlichen im Projekt. Sie wird gern helfen, Erkenntnisse an die Bezirks- und Landespolitik zu vermitteln.


Notübernachtung "Maria & Martha" - nur für Frauen!

Das Angebot: Übernachtungs- und Duschmöglichkeiten für bis zu 9 obdachlose Frauen, Abendessen und Frühstück, Beratungsleistungen nach Bedarf, Ausgabe von Kleidung, Hygieneartikeln und Bettwäsche.

Die Bedingungen: Kein Alkohol, keine Drogen, keine Gewalt, Nichtraucherräume, keine Aufnahme von Frauen mit minderjährigen Kindern, nicht barrierefrei, keine Tiere.

Die Öffnungszeiten: 2. Januar - 31. März 2017, täglich von 19.00 Uhr - 8.00 Uhr am Folgetag, Telefon während der Öffnungszeiten: 0176-415857-23

Die Adresse: Busseallee 21, 14163 Berlin

Notübernachtung "Luis & Luise" für Männer und Frauen

Das Angebot: 30 Plätze, Schlafplatz auf Isomatte und Schlafsack. Wir bieten Abendessen und Frühstück an, zudem im kleinen Umfang eine Kleiderkammer. Nach Bedarf besteht die Möglichkeit, für Frauen separate Zimmer anzubieten.

Die Bedingungen: Kein Alkohol, keine Drogen, keine Gewalt, keine Tiere. Wir können keine Familien mit minderjährigen Kindern aufnehmen.

Die Öffnungszeiten: 16. Januar - 31. März, jeweils von 19.00 - 7.00 Uhr am Folgetag Königin-Luise-Straße 98, 14195 Berlin
Telefon während der Öffnungszeiten: 0176-418024-04

Die Adresse: Königin-Luise-Straße 98, 14195 Berlin


Spendenkonto

Empfänger: milaa gGmbH | Bank: KD-Bank eG | IBAN: DE86 3506 0190 0000 8428 42 | BIC: GENO DE D1 DKD | Verwendungszweck: Kältehilfe

Spenden sind steuerlich absetzbar.
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